Oben weiß und unten rot? Oder doch in blau mit schwarzer Hose? Kaiser Franz Joseph erscheint in Darstellungen meist immer von der gleichen Farbpalette begleitet. Warum ist das so? Was trägt der Kaiser da eigentlich? Ein kleiner Einblick ins Franz Josephs Garderobe.
Jeder kennt die Bilder mit dem immer gleichen Aussehen: ein Herr mit der charakteristischen Barttracht (von Jugendbildnissen abgesehen) und in Uniform. Kaiser Franz Josephs anekdotenschwangere Neigung zur Uniform ist ja allgemein bekannt. Und so sieht man den alten Herrn immer wieder in der gleichen Aufmachung: Blauer Rock und schwarze Hose, weißer Rock und rote Hose. Selten – vor allem in späteren Jahren, auf den Aufnahmen mit Katharina Schratt – sieht man ihn noch in anderen „Adjustierungen“.
Um es kurz zu machen: Franz Josef trägt auf den meisten erhaltenen Darstellungen die Uniform eines Feldmarschalls der k.u.k. Armee, deren Oberbefehlshaber er kraft Amtes war: Weiß und rot ist die Gala-Uniform für festliche Anlässe, „blau“ und schwarz ist die Feldversion, also die Kleidung des Offiziers für den normalen Dienst „alle Tage“.
„Jede Gattung Menschen, die Uniform trägt, imponiert dem großen Haufen und weiß sich ihres Vorzugs meistens sehr gut zu bedienen.“ – Johann Wolfgang von Goethe
Einer ausführlicheren Beschreibung der Uniform ist eines vorauszuschicken: Mit Rock ist hier kein Unterleibstextil für Damen gemeint, sondern damit bezeichneten die Altvorderen das Sakko, das Jackett oder eben die Uniformjacke. (Noch der Großvater des Autors besaß kein einziges „Sakko“, kleidete sich jedoch bei förmlichen Anlässen stets in Rock und Binder, aber das ist eine andere Geschichte.)
Kaiser Franz Josephs Gewohnheit in Uniform sich zu zeigen, wird ihm heute bisweilen als (bloße) Leidenschaft angesehen. Außerhalb (Bad) Ischls, wo er sich auch gern mal rustikal in der Aufmachung eines Hubertusjüngers zeigte und sehr gern seinem Hobby der Jagd nachging, gibt es vergleichsweise wenige Darstellungen KFJs in Zivil. Einerseits deshalb, weil der zivile Anzug den Bürgerlichen als Ausweis diente, von der man sich als Monarch und Erster der Ersten Gesellschaft abzusetzen hatte. Andererseits hatte die Uniform als Dienstkleidung einer militärischen Einheit noch nicht die negative Konnotation, die sie durch die Weltkriege im 20. Jahrhundert erfuhr.
Bedeutung der Uniform
Ganz im Gegenteil: Jeder Träger einer Uniform wies sich als Diener des Monarchen und damit des Staates aus und konnte so ein wenig vom Glanz des Hofes mit nach Hause nehmen – kaiserlichen Glanz in Form von Messingknöpfen, Kragenlitzen, Säbelknäufen.
Überdies wies der militärische Rang die Stellung in der Gesellschaft aus. Die Stellung in einer Gesellschaft, die ganz anders war als die heutige: Eben nicht betont egalitär, sondern ständisch organisiert und hierarchisch gegliedert. Von Gott gegeben, vom Kaiser geführt, vom Adel regiert, vom Militär bewacht.
Ein anderes Dienstverständnis, ein anderer Ehrbegriff erklären auch, dass Soldaten sich von Zivilpersonen abgeschieden sahen, sich diesen übergeordnet empfanden. (Einen hervorragenden Einblick in das Empfindungsleben der Menschen im sozialen Gefüge der ausgehenden Donaumonarchie gewährt Arthur Schnitzler in seinem literarischen Werk, die Soldateska wird besonders in „Freiwild“ und „Leutnant Gustl“ dargestellt – wenn man die im unmittelbaren Vordergrund stehenden persönlichen Befindlichkeiten der Personen ausblendet, erkennt man das sich dahinter zeigende Weltbild der Menschen in Uniform.)
Auch sollte nicht vergessen werden, dass in einem ständisch organisierten Staat die Armee eine der wenigen, willkommenen Möglichkeiten des sozialen Aufstieges gewährte.
(Die Stellung des Militärs als Metapher der Adoleszenz im Lebensweg vom Knaben zum Mann, die tiefenpsychologischen Aspekte des einer Uniform innewohnenden Virilismus und die vormals vorherrschende Geschlechtertypologie sind Blickwinkel, derer wir uns angesichts der Bewältigbarkeit dieses Artikels entsagen wollen.)
Kurz und gut: Der Zauber der Montur machte aus Buberln Männer und aus Wurschteln Respektspersonen. Die Armee als Schutzmacht des Staates genoss Prestige – und Ansehen genoss der, der die Uniform trug. Ein hoher Rang brachte demzufolge hohes Prestige. Der höchste Rang höchstes Prestige: Kaiser Franz Joseph ist als Monarch Oberbefehlshaber „seiner“ Armee. Das ist der Schlüssel zum Verständnis seiner üblichen Adjustierung, i.e. seiner täglichen militärischen Kleidung.
Die Gala: Der Kaiser in Nationalfarben

Auf vielen Gemälden kann man Kaiser Franz Joseph in einer auffälligen, eleganten Kombination sehen: weißer Rock und rote Hose. Vor allem bei Staatsanlässen in geschlossenen Räumen, bei repräsentativen Aufgaben, in festlicher Umgebung ist dies die festlichste Stufe der Kleidung.
Kaiser Franz Joseph trägt hier die Galauniform eines österreichischen Feldmarschalls. Die Galauniform entsprach (dem Rang der Kleidung nach) einem Frack – und stellte somit die höchstmögliche Festlichkeit der äußeren Erscheinung dar.
Der tailliert geschnittene weiße Rock ist mit zwei Reihen à acht goldener Knöpfe belegt. Der Kragenspiegel, im österreichischen Militärjargon das Paroli, trägt die scharlachrote Egalisierung des Generalstabes, belegt mit Akanthusblättern in Goldstickerei als Rangabzeichen des Feldmarschalls. Dazu natürlich scharlachrote Ärmelaufschläge mit Stickerei.
Das adäquate Beinkleid ist eine rote Uniformhose, an der Seite mit doppelten Lampassen in Goldstickerei.
Zwei Accessoires für draußen: Hut und Säbel
Dazu gehört – sollte die weiße Gala in unüberdachtem Raum getragen werden – der grün gefiederte Stulphut (und nicht Zweispitz, wie man oft liest). Auf wenigen Abbildungen sieht man exakt, worum es sich dabei genau handelt: Strenggenommen ist es ein schwarzer Hut aus Nagelfilz, dessen breite Krempe links und rechts nach oben gestülpt ist (daher der Name). Eingefasst ist der Hut in eine umlaufende goldene Generalslitze, an den Hutenden befindet sich je eine gold eingefasste, schwarze Rosette mit dem gestickten Herrschermonogramm „FJI“. Vom Hut herab hängen mindestens fünf Zoll lange, grüne Geierfedern. (Für die richtige Qualität und Färbung der Federn sorgte ein heute ausgestorbenes Handwerk: der Plumassier, der Federputzer).
Den Abschluss bildet der Säbel, der mit dem Gehänge um den Leib geschnallt wurde und so zu befestigen war, dass er beim Gehen nicht hinderte, den Boden nicht berührte und er theoretisch blank gezogen werden konnte. Am Säbel erkennt man die Quasten des Portepees, ursprünglich ein Faustriemen, der dem berittenen Kämpfer helfen soll, den Säbel nicht aus der Hand zu verlieren. (Gestalt und Farbe des Portepees werden im Laufe der Zeit zum Distinktionsmerkmal – also Abzeichen der verschieden Dienstränge.)
Lichtblau ist eigentlich hechtgrau: die Campagne-Uniform

KFJ pflegte im Alltag die Campagne-Uniform eines Feldmarschalls zu tragen. Diese Uniform war die Version der Uniform für das freie Feld (=campagne frz.), also für Kriegszug und Kasernenalltag. Sie bestand aus „hechtgrauem“ Rock, der in Abbildungen eher hellblau erscheint. Aber die Militärfarbpalette spiegelt oft die gleiche Kreativität wie moderne Damenmodeschöpfung wider: Selbst das Bundesheer der Zweiten Republik bezeichnet das Couleur der Uniform als “heeresgrau” – und meint dabei unzählige Farbtöne von froschgrün bis dunkelocker.
Wie alle Offiziere im Generalsrang trug auch der Kaiser zur hechtgrauen Campagne eine Hose aus schwarzem Tuch mit rotem Passepoil (kleiner schwulstiger Aufsatz in Kontrastfarbe auf der Seitennaht zur Betonung derselben) und roten Doppellampassen (die dicken roten Farbstreifen entlang der Seitennaht der Hose).

Im Dienstalltag in Kanzlei (i.e. seine Schreibzimmer in Hofburg und Schönbrunn) und Kaserne trug der Kaiser dazu schwarze Halbschuhe, während er bei Manövern und hoch zu Ross kniehohe schwarze Schaftstiefel zur Uniform anlegte.
Interessant auch die Kopfbedeckung: Einerseits trug KFJ bei kleineren militärischen und zivilen Anlässen (ohne Pferdebeteiligung) auch zur Campagne den Stulphut mit Geierfedern, nach der Adjustierungsvorschrift 1908 im Felde bei Manövern und reitend ist er auf einigen Darstellungen mit der schwarzen Offiziersmütze zu sehen.
Bei Frau Burgschauspielerin: dunkle Eleganz

Eine dritte Uniform-Variante findet man vor allem dann, wenn man Franz Joseph in Gegenwart von Katharina Schratt abgebildet sieht. Das Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek konserviert eine Bilderserie eines gemeinsamen Spazierganges um 1900.
Ein dunkler Rock zu dunkler Hose wird da getragen. Auf den ersten Blick wenige Merkmale, die eine eindeutige Zuordnung ermöglichen. Und dennoch, ein paar Details lassen eine Identifikation zu: Eine verdeckte Knopfleiste, geschweifte Taschenpatten, an der Achsel eine kleine Schlinge, die mit einem kleinen Rockknopf (dem sogenannten Ulanen- oder Dragonerknopf) festgehalten wurde. Dabei handelt es sich um die hohen Unteroffizieren und Offizieren vorbehaltene Kavalleriebluse. Das Original ist ein ins Schwarze gehendes Dunkelblau (was aber in der Textilfärberei eine Natürlichkeit darstellt: schwarz ist immer ein sehr, sehr dunkles Blau). Dazu wird eine ebenso dunkle Hose ohne Lampassen getragen.
In diesem Fall geht KFJ als Oberst eines Ulanenregimentes spazieren – an der Seite der Frau Burgschauspielerin. Es war hoffentlich sehr schön – und hat beide sehr gefreut…