Neben dem Haupteingang des Hotels Imperial am Kärntnerring 16 erinnert eine Gedenktafel an Richard Wagners Besuch in Wien und dem Hotel. Richard Wagner und die Walzerstadt Wien. Ein scheinbarer Widerspruch. Doch seine Opern fanden auch in der Heimat des Dreivierteltakts ihre glühenden Verehrer. Der Meister aus Leipzig besuchte Wien einige Male, auch schon vor der Zeit seines berühmten Musikschaffens. Die erste Aufführung einer Oper in Wien war am 28. August 1857 im Ottakringer Thalia-Theater, und es war “Tannhäuser”. Und es war ohne Beisein des Meisters.
Dabei besuchte Richard Wagner Wien relativ oft – insgesamt neun Mal. Sein erster Besuch war für Wien unspektakulär, sein letzter aber dafür aus musikhistorischer Sicht umso bemerkenswerter!
1. Besuch: 1832
1832 ist Richard Wagners erster Besuch verbucht. Es ist die Zeit des Biedermeier, des metternichschen Polizeistaates in den Nachwirkungen der Revolutionsbewegungen von 1830. Der neunzehnjährige Musikus will vielleicht die Welt des Theaters und des Musikbetriebes in der damaligen Hauptstadt der Musik erfahren.
2. Besuch: 1848
Sechzehn Jahre liegen zwischen Wagners erstem und zweitem Besuch. Aus dem jugendlichen Studenten ist ein gefestigter Charakter geworden, der sich durch eigene musiktheoretische Schriften und erfolgreiche Kompositionen (Rienzi 1842, Fliegender Holländer 1843) bereits einen Namen gemacht hat. Wagner, ein Kind der Romantik, trifft in Wien auf einen Literaten, der auf dem Gipfel seines Schaffens steht: Franz Grillparzer.
3. Besuch: 1861
Schon im Jahr darauf weilt Wagner wieder in Wien. Bei seinem dritten Besuch lernt Wagner Joseph Standhartner kennen, in dessen Haus und dann später im Direktionsstöckel des von diesem geleiteten Allgemeinen Krankenhauses er wohnt. Standhartner ist Leibarzt Kaiserin Elisabeths und von 1861 bis zu seinem Tod Direktionsmitglied der Gesellschaft der Musikfreunde.
4. Besuch: 1862
Ab Juli 1862, nachdem er, vollständig amnestiert, seine sächsische Heimat wieder betreten konnte, hielt er sich wiederum in Wien auf. Er lebte einige Monate in Penzing, um seinen Tristan zur Aufführung vorzubereiten. Dabei wohnte er in einer Villa in der Hadikgasse 72. Während dieses Aufenthaltes gab er einige umjubelte Konzerte im Musikverein – unter Beisein Kaiserin Elisabeths. Dabei wurden dem Wiener Publikum erstmals Auszüge aus dem Ring zu Gehör gebracht.
5. Besuch: 1863/64
Bei seinem fünften Besuch erarbeitete Wagner, unterstützt vom Musiker Peter Cornelius (“Der Barbier von Bagdad”), die Epoche der Meistersinger durch eingehende Studien in der Hofbibliothek. In dieser Zeit empfing er auch den jungen, in Wien angekommenen Hamburger Johannes Brahms.
6. Besuch: 1864
In diesem Jahr lernt er den in Raab geborenen Ungarndeutschen Hans Richter kennen, der einer der größten Verfechter seiner Musik werden sollte. Richter führt seine Musik in Wien ein, wird später Hauptkapellmeister in Bayreuth und Wagners wichtigster musikalischer Umsetzer. Auf der Flucht vor Steuerfahndung und Gläubigern verließ Wagner Wien im Frühjahr; dieses Mal für längere Zeit.
7. Besuch: 1872
1872 präsentierte er Werke im Musikvereinssaal. Während dieses Wien-Besuches entstand das berühmte Foto mit der ihn anhimmelnd anblickenden, vor ihm sitzenden Cosima. Wäre sie neben ihm gestanden, hätte er auf sie emporschauen müssen. Immerhin war Cosima 15 cm größer als der nur 1,66 cm große Wagner.

8. Besuch: 1875
Zur Vorbereitung der Aufführungen seiner Werke Tannhäuser und Lohengrin verbrachte Wagner mehrere Wochen in Wien und wohnte dabei samt Familie im noblen (und noch sehr neuen) Hotel Imperial. An diesen Besuch erinnert auch die Gedenktafel am Hotel Imperial, eine der verbliebenen (von den ehemals vielen, die im Zuge der Renovierung der 2010er Jahre verschwanden).

9. Besuch: 1876
Richard Wagners letzter Besuch brachte auch eine Besonderheit: Am 2. März 1876 dirigierte er eine Vorstellung seines Lohengrin in der Hofoper. Es war dies Wagners einziger Auftritt am Dirigentenpult der Wiener Oper!